Meine wirklich erste Ausstellung

Neulich habe ich überlegt, wann ich eigentlich meine erste eigene Ausstellung hatte.

Dabei fiel mir sofort die erste “richtig offizielle” (mit Pressemeldung, Interview, Zeitungsfoto usw.) ein. Das war in Suhl, 2003, im Rahmen des Provinzschrei-Festivals in einer großen Sparkassenfiliale.

Gleich darauf musste ich mich jedoch berichtigen.
Nein, ich hatte vorher schon einmal allein ausgestellt: ein Jahr zuvor, 2002, im Rahmen meiner Diplomverteidigung an der Kunsthochschule. Zu diesem Anlass hatte jeder von uns “Diplomierenden” einen Raum für sich und die Gelegenheit, dort die eigenen Diplomarbeits-Bilder zu präsentieren, einen ganzen Tag lang. Außerdem war es uns gestattet, Freunde, Familie und auch alle anderen einzuladen. Es war also schon eine richtige kleine Ausstellung. Ich habe vorher Kekse gebacken, eine Rede vorbereitet, Musik aufgenommen, die ich dann abgespielt habe, und zahlreiche Besucher waren auch da. Es war ein schöner Tag!

War das also meine erste Ausstellung?
Ich überlegte… Moment mal, da war doch noch etwas, oder? Ja!
Gleich darauf reiste ich ein weiteres Stück zurück in die Vergangenheit: in den Oktober 2001. Das war der Beginn meines Diplomjahres an der Kunsthochschule. Ich hatte eine Weile nach einem geeigneten Thema für meine theoretische Diplomarbeit gesucht und mich dabei sehr für die Kunst der Naturvölker interessiert. Und wie das Leben so spielt, begegnete mir gerade in dieser Zeit ein Mensch (ich nenne ihn hier einfach mal K.), der mit der Kunst der Navajo-Indianer und auch mit dem Schamanismus sehr vertraut war. Er lud mich für zwei Wochen zu sich und seiner Familie ein, um sein Wissen mit mir zu teilen und mir ein paar Anregungen für meine Diplomarbeit zu schenken.

Gerade gestern fand ich beim Schrank-Ausräumen (ich sage nur Atelier-Umzug!) einen alten Ordner wieder, in dem ich alle Zeichnungen, die ich in diesen zwei Wochen anfertigte, aufbewahrt habe. Mein Gott, ich habe diesen Ordner seit vielen Jahren nicht mehr in den Händen gehalten, geschweige denn die Bilder angeschaut. Doch als ich sie gestern durchblätterte, fühlte ich mich ganz tief und voller Dankbarkeit mit meinem damaligen Selbst verbunden. Diese zwei Wochen haben mich und meine intuitive Kunst, wie ich sie heute liebe und praktiziere, ermutigt und gestärkt.

In den vierzehn Tagen, die ich bei K. verbrachte, lernte ich unglaublich viel.
Jeden Tag bekam ich von ihm verschiedene Aufgaben, die mir das Wesen der heilenden und spirituellen Kunst der Naturvölker näher brachten.
Manchmal setzte mich K. irgendwo in der Natur ab und bat mich, bestimmte Orte oder Tiere wahrzunehmen und später Zeichnungen mit meinen Beobachtungen anzufertigen. Oder ich begab mich auf innere Reisen und hielt meine Erlebnisse auf dem Papier fest. Begleitet wurde das Ganze von mehreren Ritualen, mehreren Schwitzhütten, und als krönendes Abschlusswerk war ein Sand-Bild geplant.

Ich genoss diese Zeit zutiefst. Ich gab mich ganz den inneren und äußeren Begegnungen hin und malte jeden Tag stundenlang an meinen Bildern.
K. war begeistert davon, wie ich meine Empfindungen in die Bildform brachte und fragte mich, ob ich Lust hätte, zum Abschluss meiner zwei Wochen bei ihm eine Ausstellung in seinem Wohnzimmer zu machen. Seine Familie und er wollten sowieso in der darauf folgenden Woche tapezieren, also befestigten wir die Bilder ganz hemmungslos mit zahlreichen Stecknadeln an der alten Tapete.
Ich baute das Sandbild mitten im Wohnzimmer auf. K. lud einige seiner Freunde und Bekannten ein. Es kamen tatsächlich interessierte Menschen, ungefähr zwanzig oder fünfundzwanzig. Ich sprach über meine Erlebnisse in den vergangenen Tagen, beantwortete Fragen und einige Besucher bestellten sogar Kopien von ihren Lieblingszeichnungen.
Es war eine wunderschöne erste Ausstellung. Sie war sehr persönlich, sehr berührend, sehr bereichernd, und sie dauerte einen ganzen Nachmittag. DAS war meine erste Ausstellung!

Wenn ich so zurückblicke, sehe ich, dass diese Art der Kunst genau das ist, was ich auch heute noch tue.
Kunst aus dem Leben für das Leben.
Kunst aus der Liebe für die Liebe.
Kunst aus meinem Menschsein für die Menschen.

Gern möchte ich ein paar der damals entstandenen Zeichnungen hier mit Euch teilen.

Das erste Bild zeigt ein Schwitzhütten-Ritual, so wie ich es wahrgenommen habe.
In diesen zwei Wochen habe ich mehrere Schwitzhütten miterlebt. Jede war anders. Doch sie alle hatten eins gemeinsam: in dieser heißen, engen Dunkelheit war mein Sein auf das Wesentliche beschränkt. Alles Überflüssige schmolz dahin, löste sich in der Dunkelheit auf. Und ich fühlte mich sehr mit Allem verbunden.

Schwitzhütte

Als nächstes zeige ich Euch meine Zeichnung von einer alten Linde.
Sie ist über 800 Jahre alt und steht in einem Naturschutzgebiet.
Damals, als ich dort war, war sie noch nicht eingezäunt. Heute kommt man nicht mehr an sie heran. Doch als ich 2001 dort war, konnte ich in den Baumstamm hineinsteigen und mich hinsetzen. Das tat ich mit Begeisterung! Und dann saß ich in dem Stamm dieser alten, weisen Linde und saß und saß und saß… Ich fühlte mich unendlich geborgen. Es war traumhaft! Darüber ist auch kurz darauf ein Lied entstanden. Ich habe diesen Nachmittag bis heute nicht vergessen.

Alte Linde

Zum Abschluss teile ich mein Bild “Traumfänger und Spinnenfrau” mit Euch. Es erzählt von meiner Begegnung mit der großen Spinnenfrau in einer dunklen Höhle. Als ich wenig später in einem Ritual einen Traumfänger anfertigte, war mir die Spinnenfrau sehr nah. Ich lernte von ihr vieles über die Kunst des Balancierens, über das Netz der Illusionen, und ich lernte, ganz bewusst mein eigenes Leben zu weben und dabei immer mehr in meine Mitte, in mein eigenes Zentrum, zu kommen.

Traumfänger

Ich hoffe, diese Reise in die Vergangenheit hat Euch gefallen. Es ist schön, auch ein paar meiner “alten” Werke hier zu präsentieren.
Das Schränke-Ausräumen im Rahmen meines Atelier-Umzugs hat gerade erst begonnen. Ich bin sicher, das eine oder andere lange verschollene Kunstwerk wird vielleicht ebenfalls hier auftauchen.
Ich freu mich drauf und DANKE Euch fürs Lesen und Anschauen!

3. Juni 2015

Posted In: Rückblicke

Schlagwörter: , , , , , , , , , ,

2 Gedanken zum Artikel "Meine wirklich erste Ausstellung"

  • Vielen Dank für Deinen Kommentar, Elisabeth. 🙂
    Du meinst das kleine Bild oben links?
    Das ist ein Ausschnitt aus dem “Lindenbaum”-Bild.
    Und, ja, Dankbarkeit war auf jeden Fall ganz viel dabei… 🙂
    Herzliche Grüße an Dich,
    Ulrike

  • Elisabeth sagt:

    Das sind ganz wunder- & äußerst kraftvolle Bilder, liebe Ulrike!!!!!
    DANKE fürs Teilen & Teilhaben-Lassen an deiner Kunst & deinem Leben.
    Wie heißt das erste ‘betende’ Bild? – Dankbarkeit?
    Fuhl dich in Liebe umarmt, Elisabeth

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

0

Dein Warenkorb